Die Story zum SDG 8: Nachhaltiges Wirtschaftswachstum

 
“Wir gehen noch mal zurück” ….

Während die bisherigen Wandbildmotive im Juli 2024 am Rande eines großen Kunst- und Kulturfestivals ausgestellt wurden, schauten wir uns die weiteren Arbeiten von Künstler:innen auf der Ausstellungswiese an. Der Beteiligungscharakter des Wandbildprojektes bedeutet immer mit offenen Augen und Ohren unterwegs zu sein. Es gilt, Formate, Kunst und Künstler:innen, Themen, Gruppen und Initiativen wahrzunehmen, die in das Projekt einbezogen werden könnten.  

Der kurze Austausch am Ende des Rundgangs endete mit dem Satz: „Komm, wir gehen noch mal zurück“. Zurück bedeutete: zurück an den Stand des uns bis dahin unbekannten Künstlers LAPIZ. Seine Arbeiten waren uns ins Auge gestochen und doch brauchte es ein bisschen Mut, den Mann hinter den Bildern anzusprechen. Es dauerte nicht lange und wir waren verabredet. Es folgten weitere Begegnungen und es war klar, aus der Zusammenarbeit mit LAPIZ und seinem Künstler-Kollegen Elmar Karla wird ein Wandbildmotiv zum komplexen und widersprüchlichem SDG 8 entstehen 

Im Folgenden erläutern sie ihre Vorgehensweise und Überlegungen für die Entwicklung des Motivs.
(Ausführlicher spricht LAPIZ in diesem Podcast bei fokusglobal über seine Auseinandersetzung mit dem SDG 8.) 

 „Es war klar, dass das Thema nicht einfach werden würde und so begann die Einarbeitungsphase: Literatur wälzen, Dokumentationen schauen, Bücher lesen. Dabei haben wir beide unterschiedliche Quellen benutzt, für LAPIZ war besonders beeindruckend das Buch „Gute Ökonomie für harte Zeiten: Sechs Überlebensfragen und wie wir sie besser lösen können“ von den Nobelpreisträgern Abhijit V Banerjee und Esther Duflo. Aus den vielen Quellen wurde eine Mindmap erstellt, sie hilft uns einen Überblick zu bekommen. Wenn wir Motive erstellen, versuchen wir herauszufinden, worum geht es wirklich, was ist die Kernaussage? Das Thema um SDG8 ist so komplex, dass wir uns auf einen Punkt fokussieren müssen, was ist also der Knackpunkt?

 
Vielfach einfach

Wenn man sich mit Wirtschaftswachstum beschäftigt, gibt es ein Wort, das immer genannt wird und quasi als Begründung für alles wirtschaftliche Handeln steht: WOHLSTAND. Viel wird geredet über diesen “Wohlstand“, aber definiert wird das Wort meist nie. „Die Wirtschaft muss wachsen, sonst riskieren wir unseren Wohlstand“, heißt es vielfach einfach.  Da die Wirtschaft keine Definition liefert, überlegten wir uns selbst, was Wohlstand sein kann: ein Glückliches Leben für alle (woran zum Beispiel der Staat Buthan sein Bruttonationalglück misst), die Freiheit über die eigene Zeit zu bestimmen, die Möglichkeit zur Selbstverwirklichung, menschenwürdige Arbeit, eine intakte Natur, (freie) Bildung, bezahlbares Wohnen, Kunst und Kultur, Gerechtigkeit, ein bewohnbarer Planet, Demokratie etc. Es sind all diese Errungenschaften, die durch das Streben nach einem immer höheren BIP bedroht und geopfert werden.

Dass dies ein Widerspruch ist, sieht man an der Aussage des ehemaligen Bundeskanzlers beim Arbeitgebertreffen im Oktober 2024: „Das kommt weg.“ Gemeint war das gerade erst in Kraft getretene sogenannte Lieferkettengesetz, das die unternehmerische Verantwortung in globalen Lieferketten sichern soll. Dazu gehören: Schutz der Umwelt, faire Löhne, Abreitschutz und Schutz vor Kinderarbeit. Kaum in Kraft, ist dieses Gesetz schon wieder in der Diskussion, da wirtschaftlicher Umsatz beeinträchtigt ist, also weg damit.

Das Bild ist intensiv, alles ist technisch, es gibt keine Natur, keine Menschen, dafür eine Industrialisierung der Mechanismen des Wirtschaftswachstums. Viele Motive heute haben den Anspruch einen positiven Lösungsansatz zu zeigen, einen Weg hinaus, damit die Betrachter:innen ein gutes Gefühl haben, das vielleicht nicht alles so schlimm ist. Dies ist hier nicht der Fall, es gibt nichts Positives an diesem Thema, aber es gibt einen Weg hinaus: Umdenken!“

Politische Kunst ist darstellend…“, sagt LAPIZ in dem Podcast bei fokusglobal und erklärt ausführlicher die Vielschichtigkeit des Arbeitsprozesses, der Inhalte, Haltungen und Diskussionen, die in das Wandbildmotiv eingeflossen sind.

Nachdem der Entwurf von Elmar Karla und LAPIZ erstellt war, wurden verschiedene Akteur:innen aus den Arbeitsbereichen Medienkompetenz, Lieferkettengesetze, Fairer Handel und Gemeinwohlökonomie zu einem Fachaustausch eingeladen, um ihre Expertise und Sichtweise in die Diskussion einzubringen. 

Die intensive Beschäftigung mit dem BIP und dem Lieferkettengesetz resultierte in einem weiteren Motiv von LAPIZ mit dem Titel „Fortschrittlos – No Progress“, das in Berlin im Urban Canvas Parkhaus zu sehen ist (kuratiert von „Liebe zur Kunst“).  

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